Twentynine Palms, Kalifornien: Halbzeit der Reise

Nun liegen schon 4 Monate Reisezeit hinter uns und genauso viele haben wir noch vor uns. Bis jetzt läuft alles planmässig, die Routinen an Bord sind eingespielt und dennoch ist kein Tag wie der andere. Danke allen Lesern für den Besuch unseres Blogs und auch denjenigen, die uns regelmässig per Mail oder per Kommentar auf dem Blog Rückmeldung geben. Es wäre vermessen zu sagen, dass wir die Heimat nicht vermissen und auch die Erinnerung an das Essen in der Heimat lässt uns das Wasser im Mund zusammenlaufen. Die Weihnachtsgutzi meiner Mutter, das Sauerkraut, die Crème anglaise, der Gugelhopf oder die Schwarzwäldertorte von Bernadette, die Tarte flambée auf Holzfeuer von Jean-Marc und überhaupt der feine Elsässische Weisswein fehlen uns sehr. Wenn man so lange auf Achse ist, sieht man natürlich auch mehr Unfälle und Autopannen als sonst und auch hier können wir voller Dankbarkeit melden, dass wir von Unheil verschont geblieben sind und ich weiterhin vorsichtig fahre. Eure lieben Gedanken und Gebete kommen bei uns an und zeigen ihre positive Wirkung.



Anza Borrego Desert State Park: Wunderbarer Moment der Erfüllung eines Wunsches

Wir melden uns für eine Nacht auf dem Campingplatz des Anza Borrego Desert State Park an, da wir Wasser auffüllen und die Abwassertanks leeren müssen. Ausserdem ist unsere Toilette verstopft und ich muss das Ablaufsystem mit Wasserdruck durchspülen. Die Toilettensysteme sind auch auf Yachten mein Lieblingsfeind, denn sie versagen oft ihren Dienst, meist durch Fehlbedienung der Gäste an Bord. Bei unserem Klo kommt noch ein Leck hinzu, was geruchlich sehr unangenehm ist. Nach ekligen Minuten und viel Gefluche funktioniert die Anlage nun wieder zur Zufriedenheit.

Jeanne ist seit zwei Tagen leicht fiebrig und klagt über Brust- und Rückenschmerzen, daher bleibt sie allein im Camper, um sich auszuruhen und ein bisschen zu schlafen. Der Rest der Familie macht sich auf eine 6 km lange Wanderung den Berg hoch, an dessen Fuss wir unseren Camper abgestellt haben. Dieser Park ist bekannt für seine Bighorn Sheep und Céline sagt mir, dass sie auf mich zähle, um ihr ein solches Schaf, das wir schon so lange suchen, zu entdecken. Kaum hat sie dies gesagt, da entdecke ich am künstlich angelegten Fischteich des Campingplatzes ein solches Schaf, das wir aus 20 m Entfernung beobachten können. Es ist ein majestätischer Bulle, der vor Muskeln nur so strotzt und uns seine unglaublich grossen und schweren Hörner zeigt. Welch ein Glücksmoment, dass unser Wunsch endlich in Erfüllung geht. Ich halte Arthur von hinten fest an den Schultern, während Céline den Moment mit ihrer Kamera festzuhalten versucht. Unser Nachbar auf dem Campingplatz, der seit 40 Jahren auf diesem Campingplatz übernachtet, berichtet uns überglücklich, dass dies seine allererste Bighorn Sheep Sichtung sei.

Der Canyon Oasis Trail führt den Berg hoch und endet in einer Oase mit Fächerpalmen, die an einer Wasserquelle stehen und so dem durstigen Wüstenwanderer von weitem signalisieren, wohin er sich wenden muss. Bis ins Jahr 2004 waren dem ganzen Canyon entlang solche Palmen zu finden, aber ein Hochwasser entwurzelte fast alle. Die Schäden sind heute noch sichtbar. Für den Weg zurück wählen wir eine alternative Route, die höher an der Bergflanke entlangführt und schöne Ausblicke auf das Tal unter uns gewährt. Wir kommen gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang wieder beim Camper an. Arthur hilft mir beim entfachen des Lagerfeuers und Céline brät für alle Marschmallows darüber. Am nächsten Tag ist Jeanne zum Glück wieder gesund.



Anza Borrego Desert State Park: The Slot Hike

Diese 4 km lange Wanderung in einem sehr engen Canyon ist wieder ganz nach unserem Geschmack. Allein schon die 2 km lange Anfahrt über eine unbefestigte, einspurige Piste verlangte von mir viel Aufmerksamkeit, damit wir mit dem Camper nicht im Sand stecken bleiben. Ich bin froh um die Zwillingsbereifung an der Hinterachse, die verhindert, dass wir zu sehr einsinken. Als wir am Ausgangspunkt der Wanderung angekommen und nach 2 Minuten manövrieren den einzigen Parkplatz gefunden haben, auf dem wir niemanden behindern, ernte ich Lob von einem Camper Fahrer, der einen Mercedes Sprinter fährt. Er sagt mir, dass ich ja nicht gerade ein Moped fahre und das Manöver gut ausgesehen hat. Natürlich fühle ich mich geschmeichelt. Der Fussmarsch führt durch einen in sehr brüchigen Schlamm- und Sandstein gegrabenen Canyon, der zum Erkunden und klettern geradezu einlädt. Für den späteren Nachmittag ist Regen gemeldet und wir achten während der Wanderung immer auf die schwarzen Wolken. Nachdem wir uns durch schön anzusehende Gesteinsformen gezwängt und die zum Teil halb eingestürzten Flanken bestaunt haben, weitet sich der Canyon wieder. Wir steigen über ausgewaschenen Sandstein, der mit seinen harmonischen Schwüngen und Löchern wie ein Skatepark aussieht, auf eine Anhöhe und bestaunen die Rundumsicht über die umliegenden «Badlands», die an Abräumhalden von Bergwerken erinnern und sehr karg sind. Hier wurden vom Colorado River grosse Mengen an Geschiebe abgelagert, die er abgetragen hat, um den Grand Canyon zu schaffen. Hier sind die Gesteinsschichten also in falscher, d.h. zeitlich umgekehrter Reihenfolge aufgeschichtet. Nach dem Abstieg vom Aussichtspunkt wandern wir den Canyon wieder hoch und fahren sofort los, um schnell wieder festen Untergrund unter den Rädern zu haben. Kaum sind wir auf der geteerten Strasse angelangt, beginnt es zu regnen und wir setzen unseren Weg nach San Diego fort.



Rastplatz vor San Diego, Kalifornien: Nächtliche Ruhestörung

Wir verbringen als Notlösung eine Nacht auf einer Autobahnraststätte und parkieren quer über 4 Autoparkplätze, weil es dort ruhiger ist als bei den LKWs, die mit ihren grossen Motoren und Luftdruckbremsen zum Teil viel Lärm verursachen. Um 0200 Uhr weckt mich Céline, weil jemand wie wild an unsere Seitentür klopft und ich verstehe gar nichts mehr. Was ist los? Wer will was? Werden wir angegriffen? Als ich im Schlafanzug nach vorne in die Führerkabine stolpere, werde ich von den 4 Scheinwerfern des Dienstwagens eines Sheriffs geblendet. Als ich vorsichtig die Seitentür öffne, blendet mich der Sheriff mit seiner Taschenlampe und ich sehe, wie seine rechte Hand nahe an seiner Dienstwaffe ist. Er fragt, ob wir eine Panne hätten. Ich verneine. Dann klärt er mich auf, dass wir bitte den Schildern folgen und auf den LKW Parkplatz fahren sollen, da wir sonst zu viele Parkplätze belegen. Wörtlich sagte er: «Ich würde es sehr schätzen, wenn sie ihr Fahrzeug auf den LKW Parkplatz verlegen könnten». Uff, ich bin erleichtert und starte den Motor, während die Kinder in ihren Kojen weiterschlafen. Der Sheriff prüft, ob wir seiner Anweisung Folge leisten und fährt erst weiter, als wir am neuen Standort angelangt sind. Er war ausgesprochen höflich und menschlich. Ich schätzte seine Vorgehensweise sehr und hoffe trotzdem, dass dies die letzte Begegnung mit amerikanischen Polizisten bleibt.



Rastplatz vor San Diego, Kalifornien: Célines Geburtstag

Als kleine Überraschung zum Geburtstag von Céline haben die Kinder und ich einen Schokoladenkuchen im Gasofen gebacken und ihn mit Weissmehl und einer von Jeanne angefertigten Schablone in Form eines Saguaro Kaktus verziert. Natürlich durften auch die vielen Kerzen (29…oder so) und die Glückwunschkarte nicht fehlen.



Santee, Kalifornien: Célines Geburtstag

Zum Mittagessen waren wir bei unserem liebsten Burgerrestaurant, In-n-out. Es ist immer wieder erstaunlich, wie hilfsbereit das Personal ist. Kaum habe ich die Hälfte meiner Cola ausgetrunken, da wird mir schon der Becher aufgefüllt. Der Angestellte erkundigt sich bei uns, ob alles ok sei oder ob er uns noch Servietten bringen darf. Da es den ganzen Tag stark regnet, verbringen wir den Nachmittag mit der Suche nach französischen Büchern für Jeanne, die bald keine ungelesenen Bücher mehr hat. Das einzige, was im grössten Buchladen der Stadt zu haben war, ist der kleine Prinz. Dafür finden wir Gesellschaftsspiele und für mich CDs von Freddie Mercury und Elvis Presley. Danach finden wir für Jeanne neue Turnschuhe, da sie den alten entwachsen ist. Die Nacht verbringen wir auf dem Parkplatz einer Schule.